Karl Schrader

(30.8.1915 – 20.12.1981)

Zeichnung von Karl Schrader
Vignette von Karl Schrader 1975

Gebürtige DDR- Bürger sind in irgendeiner Form mit Karl Schraders Figuren aufgewachsen oder alt geworden. Seine liebenswürdigen „Berliner Rotzneesen“ bevölkern beliebte Kinderbücher und spazieren über die Titelseiten der DDR-Wochenzeitschrift für Satire und Humor »Eulenspiegel«.
Souverän beherrschte Schrader die Gestaltung ganzer Seiten mit unterschiedlichen Witzen zu einem Thema.

Ebenso gern zeichnete er ganze Karikaturenfolgen. Schrader- Karikaturen zielen auf Beziehungskisten, intakte und gescheiterte, auf den Familienalltag mit seinen großen und kleinen Tragödien.

Seine Geschöpfe muss man einfach ins Herz schließen.


1915 wird Karl Schrader in Hildesheim geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums nimmt er drei Jahre Graphik- Unterricht an der Schule für Kunst und Handwerk in seiner Heimatstadt.

Er will Künstler werden, seine Verwandten erwarten einen „ordentlichen Beruf“ und drohen mit Enterbung. Gegen ihren Willen beginnt er 1936 ein Studium an der Graphischen Akademie in Leipzig, ist Meisterschüler von Professor Walther Thiemann. Dort macht er auch die Bekanntschaft von e.o.plauen, der zu seinen künstlerischen Vorbildern gehört.

Aktzeichnung von Karl Schrader
Aktstudie – undatiert – Tusche, Kohle

Als 24jähriger muss er seine Ausbildung abbrechen und als Soldat in den Krieg. Es folgen fünf Frontjahre, er schlägt sich 1945 verwundet vom Osten nach Hause durch. Eine Zeit, die ihn prägt und fortan veranlasst, sich jedweden politischen Aktivitäten zu verweigern.
In den ersten Nachkriegsjahren versucht sich Karl Schrader durch Auftragsarbeiten der sowjetischen Kommandantur über Wasser zu halten. Er lebt in Sachsen und wird Vater dreier Kinder, die später ebenfalls die künstlerische Laufbahn einschlagen.

Karl SchraderZeichnung aus dem Frischen Wind
„Schwupp! Nicht zu fassen! Als wenn’s eine Selbstverpflichtung ohne Termin wäre!“ – Frischer Wind – 1953 – Tusche Aquarell

1950 erscheint eine Serie von Karikaturen im »Frischen Wind« zum Thema Pilzsuchen. Ein Jahr später zieht er als Zeichner in das zerstörte Berlin, die Familie bleibt erst einmal zurück. Als Schrader 1954 ein Haus am nord-westlichen Rand von Berlin kauft, hat sich die Familie bereits auseinander gelebt.

Seine Zeichnerkarriere beim »Frischen Wind« beginnt zu gleicher Zeit wie die seines Altersgefährten Kurt Klamann aus Zingst. Mit diesem verbindet ihn später auch eine enge Freundschaft. Der talentierte Mittdreißiger wird fest an die Zeitschrift gebunden. Das ändert sich auch nicht, als 1954 der »Eulenspiegel« den »Frischen Wind« ablöst.

Karikatur von Karl Schrader
„Ich bin glücklich Mathilde, dass es dir nicht auf äußere Schönheit ankommt!“ – 1955 – Tusche, Tempera

Jahrzehntelang hat Schrader sein Atelier in einem Ladengeschäft in der Schönhauser Allee, nicht weit entfernt von den Redaktionsräumen des »Eulenspiegel«, gern greift man auf ihn zurück, wenn es darum geht „schnell mal eine Titelzeichnung“ anzufertigen oder wenn die Redakteure Arbeiten zu ihren Themen brauchen. So flieht er später den Sommer über in sein Häuschen auf Zingst.

Titelkarikatur von Karl Schrader
„Wo ich das Geld für Zigaretten herhabe? Wette gewonnen, Kinders. Hintereinander drei doppelte Weizenkorn geschluckt.“ – 1969 – Tusche, Aquarell

Vor seinem Atelierfenster tummeln sich die Berliner Kinder, zu denen er ein inniges Verhältnis entwickelt. Ihnen kann er in seinen Arbeiten so manche trockene Bemerkung unterjubeln, eine Pointe in den Kindermund legen.

Karikatur zum Buch von Karl Schrader
„Es gibt sonst so häßliche weiße Stellen am Hals!“ – Bilderfolge „Sommer, Sonne, Weihnachtsmänner“ – Eulenspiegel, 1963, Tusche

1956 entsteht die erste Bildfolge mit dem Titel „Tierwärter Blasius“. Die groteske Humorserie vom Weihnachtsmann und seinen Sohn, wird über das ganze Jahr 1963 im »Eulenspiegel« gedruckt. »Sommer, Sonne, Weihnachtsmänner« heißt das dazugehörige Taschenbuch.

Die Form der Bilderserien greift er 1974 noch einmal auf für seine liebevollen Hundegeschichten mit dem Titel »Aber Bello!«. »Probleme Probleme« ist ein Karikaturenbuch über Mann – Frau Beziehungen, das 1980 erschien.

Zu den illustrierten Büchern gehören in erster Linie humoristische Titel und Kinderbücher. Mit großem Einfühlungsvermögen stattet er die Bücher aus und dank der Schraderschen Erfindungsgabe für einprägsame und charakteristische Typen, hat man die „literarischen Helden“ sofort plastisch vor Augen- ganz besonders Otto Häusers »Braven Schüler Ottokar«.

Illustration von Karl Schrader
Illustration zu „Der brave Schüler Ottokar“ – 1967 – Tusche Aquarell

Zu den Eulenspiegel- Beiträgen und Büchern von C. U. Wiesner entstehen die Figuren zum »Frisör Kleinekorte«. Preisgekrönt sind die beiden Bilderbücher »So ein Struwwelpeter« und »Schnurrpfeifland am Schnurrpfeifstrand« zu Texten von Hansgeorg Stengel. Die Bücher erreichen  hohe Auflagen und werden auch heute noch gern nachgedruckt.

Karikatur von Karl Schrader
„Tagebuch muss man schreiben, solange die Eindrücke noch ganz frisch sind!“ – für „Das Magazin“ – 1977 – Tusche, Filzstift

Neben dem »Eulenspiegel« ist Karl Schrader Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften, so kann man seinen Zeichnungen unter anderem im »Magazin« , in der »Freien Welt«, der »Neuen Berliner Illustrierten« oder in »Elternhaus und Schule« begegnen. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit Malerei und satirischer Kleinplastik.

Karl Schrader ist Mitglied des Verbandes der Bildenden Künstler der DDR und Mitglied der Sektionsleitung der Sektion Pressezeichner und Karikaturisten im Verband der Journalisten der DDR. Er beteiligt sich an zahlreichen Ausstellungen des Verbandes. 1975 erhält er den Kunstpreis der DDR und den Vaterländischer Verdienstorden in Silber für sein Lebenswerk.

Im Alter von 66 Jahren stirbt Karl Schrader 1981 in Berlin.

© Nachdruck möglich mit freundlicher Genehmigung des Autors von „EULENSPIEGEL-Klassiker der ostdeutschen Karikatur“ – Andreas Nicolai; Wilhelm-Busch-Gesellschaft Hannover; 2008


Karl Schrader über sich

„Humor zu haben ist eine Gnade – Humor zu machen dagegen ist Schwerstarbeit! […] Ein ewiger Ringkampf mit der leeren Fläche ist das! […] Humor ist ein zartes Pflänzchen, das man sehr pfleglich behandeln sollte. Aber es – das Pflänzchen – wird häufig als etwas ganz und gar Selbstverständliches hingenommen, ja mit Missachtung sogar begegnet man ihm!“

Karl Schrader zitiert nach Das Dicke Schrader Buch 1975

Zeichner über Karl Schrader

Er war das genaue Gegenteil des „Auf-Sitzungen-Versessenen“ […] Karl Schrader war konsequent nicht nur in seiner Art zu zeichnen. Karl mied peinlich alles, was vordergründig wie anpasserisches Engagement aussehen konnte.[…] Wie sehr das Zeichnen sein Lebenselement war, spürten wir, als auf sein Drängen hin in der Berliner Sektion der Karikaturisten beim Presseverband ein Aktzirkel eingerichtet wurde.
Er konnte ganz fuchsig werden, wenn er bei Berufskollegen gravierende zeichnerische und vor allem kompositorische Schwächen entdeckte. Und er hatte recht, wenn er auf das Aktzeichnen als Allheilmittel zum Begreifen der menschlichen Figur schwor. So scharf dann die Korrektur auch ausfiel – er verstand es, Mut zu machen. Der Autodidakt Manfred Bofinger fand später, Karl sei sein heimlicher Mentor gewesen.

Harald Kretzschmar in der Trauerrede zum Tod von Schrader 1982

Auswahl

Karl Schrader in der Sammlung

Die Sammlung der „Stiftung Museen für Humor und Satire“ ist Eigentümer einer ansehnlichen Zahl, inzwischen sehr rarer, Originalgraphiken von Karl Schrader. Darunter Karikaturen und Titelzeichnungen aus unterschiedlichen Schaffensperioden des Künstlers.
Hinzu kommen des Weiteren einige Illustrationen – als originalgraphische Arbeiten – u.a. zu beliebten Figuren aus den Eulenspiegel-Geschichten vom „Friseur Kleinekorte“ und dem „Braven Schüler Ottokar“.