(7.4.1929-12.9.2003)

Rauwolfs eigenwilliger geradliniger Strich ist noch gut in Erinnerung. Seine Themen sind der Humor, die Situationskomik, kritisch gesehene Alltagsszenen und Karikaturen zur Außenpolitik.
Die Zeichnungen von Louis Rauwolf sind voller Einfallsreichtum und das Ergebnis pedantischer Akkuratesse. Mit verspielter Ausführlichkeit im Detail und mit sichtbarem Spaß am Strich setzt er seine Ideen um.
Louis Rauwolfs ehrliche und politisch engagierte Arbeiten fanden Freunde und Anerkennung über die Grenzen der DDR hinaus.
Louis Rauwolf wird 1929 als Sohn eines Innenarchitekten in Marienbad geboren. Noch vor seiner Einschulung zieht die Familie nach Berlin, den Geburtsort der Mutter. Der Einberufung zur Nazi- Wehrmacht nach dem Abitur 1945 entgeht er durch einen vorausschauenden Musterungsarzt, der bei dem angehenden Rekruten ausgerechnet „Farbenblindheit“ diagnostiziert. Der junge Rauwolf beschließt Medizin zu studieren und möchte Chirurg werden. Zunächst arbeitet er ein halbes Jahr in der Chirurgie des Krankenhauses Sonneberg in Thüringen. Dann wird er Elektriker-Lehrling. Er legt, wieder in Berlin, 1949 die Gesellenprüfung als Rundfunkmechaniker ab.
Seine Kollegen entdecken sein Talent zu zeichnen und schicken Rauwolf noch im selben Jahr zum Studium an die Kunsthochschule Weißensee in Berlin, in den Fachbereich für bildende und angewandte Kunst. Er lernt sein Handwerk, vom Aktzeichnen über Anatomiestudien bis hin zum Kupferstich. Er bewundert Zeichner wie Walter Trier und Bruno Paul, nimmt sie aber nicht zum Vorbild seines Zeichenstils. Länger als zwei Jahre hält er es nicht aus in den Hörsälen der Kunsthochschule. Bereits 1950 druckt die »Nationalzeitung« seine ersten Karikaturen zum Thema „Sport“. Zwei Jahre später beginnt er für den »Frischen Wind« zu zeichnen. Für den »Eulenspiegel« entstehen Humorzeichnungen mit Figuren wie „Herr Bart“ oder das ungleiche Paar „Herr Lang“ und „Herr Kurz“.



Conférenciers – Tusche – „Eulenspiegel“ 1963
Anfang der 60er Jahre hat Rauwolf seine eigenwillige und charakteristische Handschrift gefunden. Für seine aufwändigen Zeichnungen fertigt er manchmal bis zu sechs Vorstudien an. Die Bleistiftskizze als Entwurf für die Redaktion und für die endgültige Zeichnung ist schon bemerkenswert perfekt und detailreich. Sie kann ihm später immer wieder als Vorlage für weitere „Nachauflagen“ dienen.



In der politischen Karikatur und im satirischen Schabblatt findet er seine eigentliche Aufgabe. Hier sieht er den Ernst seines Berufes. So entstehen viele Titelblätter und Heftrückseiten für den »Eulenspiegel«. Darüber hinaus zeichnet er oft für die aktuelle „Seite 2“ hauptsächlich zu außenpolitischen Themen. Sich selbst sieht er eher als zeichnenden Journalisten denn als Humorzeichner oder Satiriker. Er ist Mitglied im Verband bildender Künstler und im Journalistenverband.

Zusatztext: Alle dem Marxismus-Leninismus feindlichen Pseudotheorien der Sozialdemokratie haben in der geschichtlichen Praxis Bankrott gemacht. (Aus den Thesen „20 Jahre Deutsche Demokratische Republik“ Blatt 3)


Mit Autoren wie John Stave fährt er für den »Eulenspiegel« durchs Land und spürt kuriose Situationen im Alltagsleben auf. Hinzu kommen gezeichnete Reise- Reportagen aus dem tschechischen Kohlerevier, von der sibirischen Erdöltrasse, aus Bulgarien, Murmansk, Grusinien, Armenien und Tadshikistan. Er illustriert u.a. Texte von Rudi Strahl und John Stave, es entstehen Plakate und Bühnenbilder für das Kabarett.


Tusche – „Eulenspiegel Verlag“ 1975

Seine Arbeiten finden früh internationale Anerkennung. Louis Rauwolf hat seine erste Personalausstellung 1968 in Moskau. Er beteiligt sich an zahlreichen Ausstellungen in West- und Osteuropa. Man versteht ihn überall. Denn die Sprache vieler seiner Bilder ist ebenso international wie es die menschlichen Schwächen sind, die er liebenswürdig karikiert und die Bedrohungen, die er anprangert.
Für sein Schaffen erhält er u.a. die Verdienstmedaille und den Kunstpreis der DDR. Ihm wird die Franz- Mehring Ehrennadel des Verbandes der Journalisten verliehen. Zu seinen Auszeichnungen gehören auch viele ausländische Ehrungen, vor allem im Zusammenhang mit seinem zeichnerischen Engagement für die Friedensbewegung.


Die politische Wende 1989/90 in der DDR begleitet er mit seinen Karikaturen. Zu dieser Zeit ist er 60 Jahre alt. Mitte der 90er Jahre endet seine Tätigkeit für den »Eulenspiegel«. Bis zu seinem Tode im Jahr 2003 arbeitet er noch für verschiedene andere Zeitungen und Buchverlage.
© Nachdruck möglich mit freundlicher Genehmigung des Autors von „EULENSPIEGEL-Klassiker der ostdeutschen Karikatur“ – Andreas Nicolai; Wilhelm-Busch-Gesellschaft Hannover; 2008
Andere über Louis Rauwolf
Er war kein „Arbeitstier“ im eigentlichen Sinne des Wortes. Denn er gehörte zu jenen nicht gerade zahlreichen Menschen, die das Glück haben, dass ihre Arbeit zugleich ihr Hobby ist, nicht nur Mühe, sondern auch Vergnügen im Brechtschen Sinne, Vergnügen am Denken, Vergnügen an einem neuen Einfall und Vergnügen an der Gestaltung und an der fertigen Zeichnung.
Dr. Peter G. Klemm aus der Trauerrede zum Tod von Rauwolf 2003
Und natürlich hatte er auch Vergnügen am Privatleben. Sein Freundeskreis war groß. Er pflegte -schon infolge seiner vielen Reisen – Freundschaften mit zahlreichen Künstlern, Malern, Komponisten und natürlich vor allem Karikaturisten aus aller Welt, die sich auch regelmäßig bei Rauwolfs trafen, denn seine Heiterkeit, seine Menschenliebe, sein Optimismus und vor allem seine Höflichkeit verschafften ihm überall Sympathie.
Zeichner über Louis Rauwolf
… auch Rauwolf fand den Stil, dem er bis ans Lebensende treu bleiben sollte. Worin besteht dieser? Es ist ein selbstbestimmter, klarer Strich, der seiner Hand gehorcht. Der Umriss der Figuren unverrückbar. Dennoch von großer Beweglichkeit. Aktion ist angesagt. Kompositorische Variabilität trotz aller fest gefügter Strenge. Schon seine Bleistiftskizzen, mit denen er seine Ideen notierte, waren perfekt ablesbar. Nichts Verwirrendes.
Harald Kretzschmar zu einer Ausstellungseröffnung 2004
Beweglich war er zwischen Genres. Schon im frühen „Eulenspiegel“ steht das tiefschwarze antifaschistische Anklageblatt neben der verknappten außenpolitischen Satire. Und demgegenüber die kritisch gesehene Alltagsszene und der lose Gebrauchswitz voller Situationskomik. Überall zeigt sich die schweigsame Bestimmtheit, die der ganze Kerl an den Tag legte. Kein Wort zu viel. Die diversen Leute in seinen Bildunterschriften redeten mehr als er. Dennoch: Kein Wort zu viel.
Auswahl
Louis Rauwolf in der Sammlung
Die Sammlung der „Stiftung Museen für Humor und Satire“ bewahrt einige Einzelarbeiten und Bleistiftskizzen von Louis Rauwolf für die Nachwelt auf. Sein Lebenswerk ging an das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig.